Es war einmal 44.0.0.0/8

Es war einmal 44.0.0.0/8

Seit Anfangszeiten von IP über Packet Radio war 44.0.0.0 eines der großen “Klasse-A” Netze. Dem Amateurfunk “gehörten” die Internet-Adressen von 44.0.0.0 bis 44.255.255.255. Eine Vielzahl an Adressen, die auf Länder aufgeteilt waren, in Österreich etwa 44.143.0.0/16. Kaum jemand hatte die Idee, im “Whois”, der Zuteilungsdatenbank für IP-Adressen und Domain-Namen nachzusehen. Dort wäre gestanden, dass am 1.7.1992 diese Adressen den “Amateur Radio Digital Communications (ARDC)”, einem kleinen kalifornischen Verein zugeteilt wurden. Dieser betrachtet den Adressraum als Vereinseigentum, so schreibt der Verein auf der Vereinswebseite “Since the 1980’s, portions of this address space have been made available at no cost to Amateur (“ham”) Radio operators worldwide”.

Nun, der Satzteil “portions of this address space” – also Teile des Adressraums – deutet bereits darauf hin, was passierte. Heute sind IP-Adressen knapp und daher wertvoll. Der Handel der Adressen ist nicht transparent, aber es kann geschätzt werden, dass eine IP-Adresse heute um circa 10 EUR gehandelt wird. 

Der aktuelle Stand der Dinge ist am whois-Eintrag für 44.0.0.0 abzulesen:

 

 

Der Verein hat ein Viertel der Adressen – also von 44.192.0.0 bis 44.255.255.255 verkauft. Die Einnahmen daraus – mehr als 50 Mio US$. Dies teilte der Verein auf der Mailing-Liste “ampr.net Working group” am 21. Juli 2019 der großteils überraschten Amateurfunkgemeinde mit (veröffentlicht auf der Webseite de.ampr.org unter den Unterlagen der 5. Hamnet-Tagung in Passau).

Während diese Änderung in Österreich kaum bemerkt wurde, hatte dies in Deutschland massive Auswirkungen. Deren Hamnet-System verwendete bis zu diesem Zeitpunkt die nunmehr an Amazon verkauften Adressen. Alle Amateurfunk-Server in Deutschland mussten auf neue Adressen umgestellt werden. Nachdem aber nun weniger Adressen zur Verfügung stehen, war keine 1:1 Änderung möglich, sondern das gesamte Adressierungs-Schema musste angepasst werden.

Was bedeutet das für die künftige Nutzung von 44er-Adressen?

Die wichtigsten Optionen sind: Weiterhin den nunmehr verkleinerten Adressraum nutzen, auf private IPv4-Adressen (zB. aus dem 10.0.0.0/8 Netz) umsteigen oder gleich auf “unique local”-IPv6 Adressen verwenden. “Unique local”-IPv6 Adressen entsprechen den privaten IPv4-Adressen und befinden sich im Adress-Raum fc00::/7.

Bisher hat sich die Amateurfunkgemeinde entschlossen weiterhin den 44er-Bereich zu verwenden. Eine pragmatische Lösung, denn Address-Umstellungen sind sehr aufwendig. Mit der Beibehaltung musste nur ein Teil der Amateure eine solche Umstellung durchführen.

Sollten aber weiter Adressen verkauft werden – und der Kurs für IP-Adressen wird wohl in der Zukunft nicht so schnell fallen – so wird eine andere Lösung gefunden werden müssen.

Wie routen?

In der Vergangenheit wurde oft empfohlen im Heimatnetz “44.0.0.0/8” bzw in einer älteren Schreibweise “44.0.0.0 netmask 255.0.0.0” zum Hamnet zu routen. Nachdem aber ein Teil des Adress-Bereichs nun Amazon gehört und Amazon damit in Kürze eine Vielzahl an Servern betreiben wird, ist dies keine gute Idee. 

Aber auch bereits vor dem Verkauf war ein Routing des gesamten 44.0.0.0/8-Netzes ins Hamnet problematisch. Immer wieder kam es vor, dass die 44er-Adressen – durchaus im Amateurfunk-Kontext – im Internet geroutet wurden und diverse amateurfunkrelevante Dienste unter einer 44er-Adresse im Internet erreichbar waren. Ein bekanntes Beispiel sind bestimmte Server von Winlink, diese verwenden im Internet 44er-Adressen. 2018 wurde etwa das ganze 44.190.0.0/16-Subnetz für im Internet erreichbare Services gewidmet. In Summe werden derzeit 243 Subnetze aus dem 44er-Bereich ins Internet geroutet.

Aus heutiger Sicht, ist wohl der sinnvollste Eintrag 44.143.0.0/16 (entspricht 44.143.0.0 netmask 255.255.0.0). Damit sind jedenfalls österreichische Hamnet-Knoten erreichbar. Wer darüber hinaus in die Nachbarländer gelangen will, muss zusätzliche Subnetze eintragen. 

Wer es einfach machen möchte, kann auch weiterhin 44.0.0.0/8 ins Hamnet routen. Doch mittelfristig werden dadurch immer mehr Ziele im Internet nicht erreichbar.

Verwandtes

Es gibt dann auch noch die Domain “ampr.org” – Diese im Hamnet oft verwendete Domain gehört dem gleichen Verein. Genauso wie die geschützte Handelsmarke “AmprNet”. Deshalb Hamnet. Deshalb ampr.at.

Referenzen:

https://svxlink.de/download/Workaround.pdf

https://de.ampr.org/owncloud/s/8GH2EaBQ8Kfepye

https://www.ampr.org/